22.1.2019

Eintauchen in den Dialog im Dunkeln

Sehende Menschen verlassen sich im Alltag hauptsächlich auf visuelle Eindrücke, ca. 70% unserer Wahrnehmungen vermitteln uns die Augen. Wenn der Sehsinn ausfällt, werden alle anderen Sinnesorgane gefordert. Gerüche, Geräusche und das Tasten bekommen einen intensiven Stellenwert, Orientierung geschieht überwiegend durch Hände, Ohren und die Stimmen. Dieses Eintauchen in die absolute Finsternis, wie wir sie sonst im Alltag kaum erleben, ermöglicht die Dauer-Erlebnis-Ausstellung „Dialog im Dunkeln“ im Untergeschoss des Schottenstiftes in Wien.

Am 22. Jänner 2019 konnte die r.k. Religionsgruppe der Klasse 4g gemeinsam mit Frau Prof. Margit Hübl und Frau Prof. Martha Vogl in die völlige Dunkelheit eintauchen. Diese Ausnahmesituation für die meisten Menschen, absolute Finsternis zu erleben, machte erst einmal Angst und innere Spannung baute sich auf. Mit der Zeit aber lernte man, sich auf das lichtlose Erleben zu konzentrieren und kam sich vor wie ein ganz fein gestimmtes Instrument. Die Unsicherheit und Nervosität legte sich bald, auch durch die sensible Führung der blinden oder stark sehbehinderten Guides, die sich faszinierend sicher bewegten und spürten, wo sich wer in der Dunkelheit befand.

Da ein Handlauf langsam in die absolute Finsternis führte, wurden die SchülerInnen bereits in der Dunkelheit von einer Stimme begrüßt. Und obwohl der Mensch, dem diese Stimme gehört, nicht erkenntlich war, hatte doch jedeR SchülerIn die je eigene Vorstellung von der Person und war dann überrascht, wie anders sie wirklich aussah.

Nach diversen Alltagssituationen wie Wald, Brücke, Park und Großstadtkreuzung führte der Weg im Dunkeln in ein Geschäft, wo Sportartikel zu ertasten waren und zu einem Schiff, das sehr realistisch zu schwanken begann, der Fahrtwind und die Wasserspritzer zu spüren waren. Die letzte Station bildete eine "Unsicht-Bar", wo eine Stimme aus dem dunklen Nichts willkommen hieß und Getränke angeboten wurden. Eine sehr spezielle Erfahrung, in völligem Dunkeln gewohnte Getränke zu konsumieren. Wie weiß ich, welches Geld die Münze in meiner Hand wirklich ist? Wie trinke ich, ohne zu sehen, was und wie voll das Glas ist?

Ein herausforderndes Erlebnis, nur durch Tasten und Hören sich zurecht zu finden und den Alltag zu bewältigen. Und ein dankbares Gefühl, die Augen wieder öffnen und im Licht sich orientieren zu können.

Mag.a Martha Vogl